Die siebte Stunde by Elisabeth Herrmann
Autor:Elisabeth Herrmann
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783548920948
Herausgeber: List Verlag
veröffentlicht: 2010-08-17T22:00:00+00:00
Punkt 16 Uhr stand ich in der ExerzierstraÃe und sah hoch in den dritten Stock. Hier also wohnte Frau Sommerlath. Ein hübscher, dreistöckiger Neubau mit heller Fassade und rot gerahmten Kunststofffenstern. Die Balkone waren allesamt liebevoll bepflanzt, die Geranien gaben ihr Bestes, und hier und da steckte ein Zierkürbis in den Arrangements.
Kaum hatte ich geklingelt, wurde mir geöffnet, und ich fuhr mit einem leise schnurrenden, modernen Aufzug in den dritten Stock.
»Das ist aber nett, dass Sie gekommen sind.«
Frau Sommerlaths Bassbariton füllte das gesamte Treppenhaus und hallte an den beige verputzten Wänden wider. Sie trug eines dieser Kleider, die wie ein zu enges Korsett über ihrem stattlichen Körper spannten, und hatte sich eine blütenweiÃe Schürze umgebunden.
Aus der geöffneten Wohnungstür drang Duft von frisch gebrühtem Kaffee. Nachdem sie mich darauf hingewiesen hatte, dass sie sich über das akkurate Säubern der Schuhsohlen sehr freuen würde, betrat ich eine übersichtlich geschnittene, kleine, saubere Zwei-Raum-Wohnung, in die Katharinas kitschige Kinder wunderbar gepasst hätten. Vor dem Fenster zum Balkon hingen strahlend weiÃe Häkelgardinen, auf dem braun gekachelten Couchtisch prangte ein opulentes Seidenblumengesteck, und an der Lehne des gelben Cordsofas waren die Zierkissen aneinandergereiht in geordneter Geometrie.
»Nehmen Sie doch Platz, bitte.«
In der Hoffnung, dass sie sich nicht neben mich quetschen würde, setzte ich mich in den einzigen Sessel.
»Was verschafft mir die Ehre dieser Einladung?«
Die Sekretärin nahm auf der Sofakante Platz. »Ich habe eine Kleinigkeit arrangiert. Eine menage a trois sozusagen. Herr Sebald wollte mir noch etwas vorbeibringen. Und da dachte ich, es wäre doch schön, wenn Sie beide sich einmal kennenlernen.«
Sie lächelte stolz wie die Chefin einer Partnervermittlung. »Er müsste gleich hier sein.«
Dann schwiegen wir uns einige Sekunden lang an.
»Ja«, sagte sie.
»Ja dann«, antwortete ich.
Plötzlich schien sie eine Eingebung zu haben. »Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen einmal die Jahrgangsabschlussfotos zeige?«
»Die Jahrgangsabschlussfotos?«
Sie nickte eifrig, stand auf, nutzte die Gelegenheit, um mir beim Vorübergehen zu nah an den Beinen entlangzustreichen, und holte aus einer der Anbauwandschubladen ein überwältigend groÃes Fotoalbum. Die nächsten zehn Minuten verbrachten wir damit, die Köpfe über Hunderten von Schülern zusammenzustecken, die allesamt in Grün und WeiÃ, aufgereiht vor dem imposanten Eingangsportal der HBS, in die Kamera strahlten. Frau Sommerlath zwitscherte währenddessen fröhlich von längst vergessenen Schülergenerationen, bis sie die dreihundert-neunundsiebzigste Seite umblätterte und mit ihrem Zeigefinger auf ein weiteres Jahrgangsabschlussfoto deutete.
»Das ist Ihre Klasse.«
Zwölfjährige mit Zahnspangen grinsten überallhin, nur nicht in die Linse.
»Das sind aber viel mehr als die, die ich jetzt habe.«
»Richtig. Die Hälfte ist ja dann zu den Schnellläufern gewechselt. Hier, schauen Sie mal, das ist Samantha Kladen.«
Ein mageres Mädchen mit flachsblonden Haaren, und trotzdem hatte die Fotografie etwas von ihrer späteren Schönheit eingefangen. Rechts neben ihr, unverkennbar, stand Ravenée. Links von ihr ein dunkelhaariges Mädchen, das ich noch nie gesehen hatte.
»Schwarz Rot Gold.«
Frau Sommerlath fasste die Haarfarben patriotisch zusammen. »So haben wir sie immer genannt. Samantha, Ravenée und Clarissa.«
Ich beugte mich wieder über das Foto. Ein dreieckiges Gesicht mit hübschen Lachgrübchen. Die schwarzen Haare trug sie offen, und sie hatte sich kess bei Samantha untergehakt. Ihre dunklen Augen blickten ein
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